Fleisch bleibt teuer: Der Trend lässt sich nicht umkehren - FOCUS Online
12 Prozent mehr für Schweine-, Rind- und Kalbfleisch. Das Schnitzel oder Steak auf dem Teller ist allein seit Januar deutlich teurer geworden. Auf Jahressicht steht sogar ein Plus von 16 bis 19 Prozent, je nach Fleischsorte. Zwar hat der Ukraine-Krieg für einen akuten Aufschwung der Preise gesorgt, doch auch ohne die militärische Auseinandersetzung in Osteuropa würden die Fleischpreise wohl stetig steigen. Die Branche muss sich gleich mit mehreren Trends auseinandersetzen, die sich wohl nicht mehr umkehren werden.
1. Futtermittel werden immer teurer
Der aktuelle Preisanstieg beruht auf einem Anstieg der Preise für Futtermittel und den Transport von Tieren und Fleisch. Schließlich müssen auch Bauern, Schlachthöfe und Supermärkte ihre Autos mit Diesel und Benzin betreiben, Höfe und Fabrikhallen mit Gas heizen und ihre Maschinen mit Strom antreiben. Hinzu kommt, dass die Ukraine und Russland wichtige Exportländer für hochwertige Futtermittel sind, besonders für solche, die für Bio-Auflagen in Deutschland erforderlich sind. Sie fallen dort als Nebenprodukt bei der Herstellung von pflanzlichen Ölen an.
Weil die beiden Exportnationen vom Weltmarkt wegfallen, steigen die Preise unweigerlich an. „Vor vier Wochen habe ich für eine Futterlieferung noch 24 Euro pro 100 Kilo gezahlt. Jetzt stehen da fast 40 Euro pro 100 Kilo“, sagt Hubertus Berges, ein Schweinezüchter aus dem Landkreis Cloppenburg in Niedersachsen, gegenüber der Tagesschau. Das entspricht einem Anstieg von 67 Prozent.
Sollte der Krieg in der Ukraine enden, dürften die Futtermittelpreise von ihrem aktuellen Niveau zwar wieder sinken. Da der Trend aber zu mehr Bio-Fleisch geht, müssen die Bauern dafür prinzipiell teureres Futter einkaufen.
2. Klimawandel bedroht Weideflächen
In Deutschland sind Extremwetterlagen bisher kein großes Problem für die Viehzucht. Weltweit sieht das anders aus. In Ostafrika bedroht eine langanhaltende Dürre die Landwirtschaft seit mehr als einem halben Jahr. Auch in Kanada verdorrten die Weideflächen nach einer Trockenphase im vergangenen Jahr. Teilweise geht die Dürre hier bereits ins dritte Jahr. In Argentinien töteten im Februar und März Waldbrände rund 700.000 Rinder. Anderswo im Land haben Dürren zu einem Mangel an Kälbern geführt.
Das sind Beispiele, die sich mit einer erhitzenden Erde in den kommenden Jahren vermehren werden. Nicht immer bedroht das Extremwetter dabei die Viehzucht direkt. Oft führt es lediglich zu Einbrüchen bei Getreideernten. Doch da daraus auch Tierfutter entsteht, bleibt weniger für die Nutztiere übrig.
3. Massentierhaltung ist anfällig für Seuchen
Zehntausende Hühner fielen im vergangenen November der Geflügelpest in Deutschland zum Opfer. Weltweit starben 38 Millionen Vögel oder mussten getötet werden. Die Afrikanische Schweinepest tobt seit Jahren in Asien und hat die Schweinebestände besonders in China dezimiert. Im Jahresrhythmus laufen Seuchen durch die weltweiten Tierbestände. Durch die oft immer noch enge Käfighaltung haben Viren und Bakterien ein leichtes Spiel, sich zu verbreiten. Ist ein Bestand infiziert, müssen oft vorsichtshalber tausende Tiere in einem Gebiet getötet werden.
Das zehrt am möglichen Angebot an Fleisch auf dem Markt. Es führt auch zu Problemen, die über die Fleischproduktion hinausgehen. Die Geflügelpest in Deutschland raffte etwa auch zahlreiche Hennen dahin, deren Eier jetzt fehlen. Ergebnis: Die Eier-Preise sind mit am meisten seit Jahresbeginn gestiegen.
4. Steigende Preise reflektieren nicht steigende Kosten
Auch wenn die Fleischpreise zuletzt deutlich gestiegen sind, ist Fleisch immer noch ein vergleichsweise günstiges Produkt – zumindest, wenn man Bauern fragt. Besonders in Deutschland sehen viele Betriebe kaum noch eine Perspektive, besonders, wenn es um die konventionelle Haltung von Schweinen, Rindern und Kälbern geht. Immer mehr Tierschutzauflagen führen dazu, dass zwar das Wohl der Tiere verbessert wird, viele Bauern aber eben auch investieren müssen, um die Auflagen zu erfüllen. Nun sind höhere Tierschutzvorgaben sicherlich gerechtfertigt, sie gehen aber eben auch mit höheren Kosten einher, die in Form höherer Preise am Ende wieder beim Kunden landen werden.
5. Der Zeitgeist spricht gegen Fleisch
Dass die Fleischpreise steigen, dürften einem nicht unerheblichen und stetig wachsendem Teil der deutschen Bevölkerung recht sein. Schließlich geht der Trend – nicht nur hierzulande, sondern in vielen entwickelten Ländern – dahin, weniger bis gar kein Fleisch mehr zu essen und dies mehr als Luxusprodukt zu betrachten. So liegt der Fleischkonsum pro Kopf heute bereits 14 Prozent niedriger als noch 1991. Seit 2018 ist er jedes Jahr rückläufig. Für dieses Jahr erwarten Agrarexperten sogar einen Rückgang um bis zu zehn Prozent – bedingt durch die hohen Preise.
So könnte die Bewegung für mehr Vegetarismus und Tierwohl am Ende Fleisch zu einem Produkt machen, was mit mehr Aufwand hergestellt und entsprechend teuer verzehrt wird.
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