Stichproben zeigen: 4 von 10 Lebensmitteln mit krebserregenden Pestiziden belastet - WDR Nachrichten

Speiseeis: zurückgerufen. Verschiedene Brotsorten: zurückgerufen. Fertiggerichte, Fitnessriegel, Gewürze, sogar Bio-Produkte: alles zurückgerufen - wegen eines Stoffs: Ethylenoxid. Ein Pestizid, das als krebserregend gilt.

Seit 40 Jahren ist der Stoff in der EU verboten. Doch immer noch taucht er in Nahrungsmitteln auf. Das jedenfalls zeigt eine Zufalls-Stichprobe. Das WDR-Verbrauchermagazin "Markt" brachte zehn Lebensmittel ins Berliner Labor My Lab. In vier von zehn Erzeugnissen wurde 2-Chlorethanol, das Abbauprodukt von Ethylenoxid, nachgewiesen.

Fündig wurden die Chemiker in Kiri, einer Frischkäse-Sorte. Überraschend: Diese Sorte war schon vor einem Jahr in einem vom NDR initiierten Test auffällig gewesen. Auch jetzt lag der entscheidende Wert bei 0,037 Milligramm pro Kilogramm. Dabei darf der Stoff überhaupt nicht in der Nahrung vorkommen. Zu dem neuerlichen Untersuchungsergebnis erklärte die Hersteller-Firma Bel Brands gegenüber dem WDR, sie selbst hätte seit 2021 zahlreiche Analysen durchgeführt - und keine Anhaltspunkte für Ethylenoxid und das Abbauprodukt 2-Chlorethanol gefunden.

Auch Fitnessriegel und Printen sind betroffen

Ebenfalls betroffen: Ein Fitnessriegel von Seitenbacher - Chargen davon mussten bereits vor einem Jahr zurückgerufen werden. Auch der WDR fand jetzt einen erhöhten Wert von 0,026 Milligramm pro Kilogramm. Der Hersteller Seitenbacher nahm anlässlich unserer Ergebnisse die betroffene Charge sofort vom Markt. Auch in Grissotti-Stangen mit Sesam von Aldi Süd fand sich Ethylenoxid. Der entscheidende Wert lag hier bei 0,042 Milligramm pro Kilogramm.

Alle betroffenen Unternehmen stellten gegenüber dem WDR eigene Untersuchungen in Aussicht - Aldi Süd konnte dabei nach eigenen Angaben kein Etyhlenoxid oder das Abbauprodukt nachweisen. Seitenbacher hat die betroffene Charge aus dem Verkehr genommen, Aldi Süd gleich sämltiche Chargen des betroffenen Produkts. Auch in dem Produkt des Aachener Printenherstellers Lambertz wurde 0.04 Milligramm des entscheidenden Werts gefunden. Das Unternehmen hatte nach der Konfrontation eigene Untersuchungen gemacht und sagt: Sowohl im Produkt als auch in den Rohstoffen befände man sich unterhalb der Nachweisgrenze.

Lebensmittelüberwachungsbehörden sind informiert

Fakt ist aber: Laut Bundesinstitut für Risikobewertung darf der Stoff nicht nachweisbar sein. Der WDR hat die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden informiert. Einige haben bereits Kontakt zu den Unternehmen aufgenommen und diese auch noch einmal aufgefordert, alle Zutaten auf Rückstände zu überprüfen. Weitere Maßnahmen werden seitens der Ämter geprüft.

Aber wie kann das alles sein? Gut zwei Jahre ist es her, dass bei Kontrollen Ethylenoxid erstmals wieder in der EU in Lebensmitteln auftauchte. Es war ein Zufallsfund in Produkten, die Sesam aus Indien enthielten. Das jedenfalls sagt Florian Hägele vom chemischen- und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart, einem EU-Referenzlabor für die Bestimmung solcher Pestizide in Lebensmitteln. "Sesam war in der Vergangenheit auffällig auf erhöhte Salmonellen-Gehalte", erläuterte Hägele gegenüber dem WDR. Deswegen seien auch vermutlich verstärkt eigene Kontrollen auf Mittel durchgeführt worden, die zur Keimung von Salmonellen angewandt werden. Und letztendlich war es trotzdem Zufall, dass bei dieser Kontrolle eben Ethylenoxid-Gehalte festgestellt werden konnten.

Seit 2020 wurden schätzungsweise über 10.000 Produkte zurückgerufen

So kam der Stein ins Rollen. Die Tests wurden ausgeweitet - so fand man Ethylenoxid und sein Abbauprodukt 2-Chlorethanol dann in Johannisbrotkernmehl aus der Türkei oder Guarkernmehl aus Fernost: Verdickungsmittel, die häufig in Saucen, Milch- und Eisprodukten enthalten sind. Vor rund einem Jahr kam es zu einer Kette von Rückrufen, darunter beliebte Eisriegel. Experten schätzen: Insgesamt waren seit 2020 mehr als 10.000 Produkte betroffen.

Insgesamt ist die Zahl der positiven Funde in Deutschland zurückgegangen. In den großen Häfen werden Container kontrolliert. Auf Weisung der EU wird bei der Einfuhr jede zweite Charge geprüft. Heißt dennoch: Im Prinzip muss man sich darauf verlassen, dass die Händler Verantwortung übernehmen, ihre Produkte testen und im Zweifelsfall freiwillig vom Markt ziehen. Aber tun sie das auch?

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