Weniger Fleisch, mehr Qualität: Fleischer in Sachsen-Anhalt reagieren auf Preisspirale - MDR
Das Leicoma-Schwein
Das ist auch die Erfahrung von Christian Ziemer und seinem Team. Insbesondere mit den Grillwürsten sorgt die Fleischerei für überregionale Interesse. Es gebe sogar Urlauber aus der Schweiz, die auf dem Weg an die Ostsee extra in Gräfenhainichen Halt machten, um sich mit Grillgut für den Zeltplatz einzudecken. "Wenn es nach den Kunden ginge, dann könnten wir so einen Art Amazon für Wurst werden" sagt Mit-Inhaber Kay Schriever.
Das allerdings sei nicht das Ziel. Die Fleischerei setzt stattdessen lieber auf Regionalität. Denn klar ist auch, dass billige Fleischpreise zu immer größeren Mastbetrieben führten, zu größeren Schlachthöfen und zu immer mehr Tiertransporten, über große Entfernungen hinweg. Da nun aber die Energie- und Transportkosten steigen, gerät diese Form des Wirtschaftens unter Druck.
Erst vergessen, dann wiederentdeckt
Der holländische Landwirt Wouter Uwland sucht nach Alternativen zu dieser Form der Fleischproduktion. Er züchtet in Löbejün bei Halle eine alte Schweinerasse, bekannt unter dem Namen Leicoma-Schwein. Die Abkürzung stand für die drei DDR-Bezirke Leipzig, Cottbus und Magdeburg, für die diese Rasse einst gezüchtet wurde.
Nach nach der Wende geriet die Rasse in Vergessenheit, denn sie passte nicht mehr zu den Anforderungen der Fleischindustrie, so Wouter Uwland: "Die sind nicht so mager wie heutige Schweine. Weil aber das Fett natürlich auch Geschmacksträger ist, merkt man das später in der Pfanne. Außerdem sind die Schweine nicht schon nach einem halben Jahr schlachtreif, sondern frühestens nach neun Monaten."
Das alles macht das Leicoma-Schwein zu einem seltenen Gut. Alle zwei Wochen gibt es ein Tier für die Fleischerei Ziemer. Kay Schriever, der gelernte Koch, ist von der Qualität überzeugt: "Da hat man nicht ringsherum irgendso einen Fettrand und das Fleisch verliert auch kein Wasser in der Pfanne. Nein, das Fleisch brät schön, weil das Fett im Muskel ist und damit bleibt es formstabil. Und wenn das Produkt super ist, dann muss man als Koch gar nicht mehr viel machen."
Mehrkosten für mehr Qualität
Dass in Deutschland die Ernährung in Zukunft teurer wird, darf als gesichert gelten. Die Zeiten des täglichen Schweinefilets im Sonderangebot werden wohl dauerhaft vorbei sein. Und im Prinzip wissen es ja auch die Verbraucher, dass die Preise für Nahrungsmittel nur deshalb so billig sind, weil sie unter extremen Kostendruck mit zum Teil fragwürdigen Methoden hergestellt werden. Und so zeigt bei aktuellen Umfragen eine Mehrheit Verständnis für die gestiegenen Nahrungsmittelpreise.
Bislang allerdings waren nur wenige Kunden angesichts der Billigangebote bereit, mehr auszugeben. Mit dem Schrumpfen des Billigsegments dürfte sich diese Situation ändern.
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Fleisch
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