Welt-Ernährung und Klimakrise: Warum Fleisch zu billig und die klimafreundliche Alternative zu teuer ist - RTL Online
26. Februar 2022 - 18:00 Uhr
von Amelie von Kruedener
Palmöl durch Hefe ersetzen? Was für eine coole Idee. Christian Häckl erklärt im Video dazu mehr. Und ja, Klimaschutz findet auch bei uns in der Küche statt. Wenn wir uns ohne tierische Produkte ernähren würden, könnten wir 40 Prozent CO2 einsparen. Aber das ist garnicht so einfach. Denn: Auch, wenn wir auf da so leckere Fleisch theoretisch verzichten würden, es ist einfach billiger. Wer sparen möchte, greift oft zum Fleisch anstatt zum Fleischersatzprodukt. Blöd für den Amazonas, der schrumpft weiter, die CO2-Belastung steigt, der Klimawandel wird befeuert. Wie das alles zusammenhängt , hat gerade eine Analyse der Umweltorganisation WWF aufgezeigt.
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Tofuwurst fast doppelt so teuer wie ein Schweinegrillwürstchen
Für die Analyse hatte der WWF 922 Grillfleisch-Angebote in den Werbeprospekten von acht deutschen Supermarktketten verglichen. Steaks oder Grillwürstchen vom Schwein konnten mit einem Kilopreis von durchschnittlich 6,36 Euro oder mit rabatttiertem Geflügelfleisch für 5,67 Euro pro Kilo die Käufer locken. Die vegetarische oder vegane Variante: Tofuwurst und Sojaburger sind mit 13,79 Euro pro Kilo selbst im Angebot mehr als doppelt so teuer.
Herkunft vom Billigfleisch? Unbekannt
Tierwohl spielt beim Billigfleisch keine Rolle. Laut der Analyse des WWF kommen nur die wenigsten Produkte aus guten Haltungsformen. Nur zwei Prozent der Rabatt-Produkte wiesen Bioqualität auf, bei vielen war die Herkunft gar nicht ausgewiesen. Da kann man sich dann selbst das Tierwohl schönreden. Rund 85 Prozent des Angebot-Grillfleisches waren auch billiger als pflanzliche Alternativen. Außerdem werden Grillfleischprodukte fast 30 Mal häufiger beworben als Fleischersatzprodukte. Da muss der Mensch im Supermarkt schon sehr von der fleischlosen Alternative überzeugt sein, um nicht zum billigeren Fleisch zu greifen.
Mit Billigfleisch wird der Amazonas verramscht
Tanja Dräger de Teran, Ernährungsreferentin beim WWF, kritisiert, dass die Massen an Billigfleisch zu Lasten der Umwelt gingen. Damit Fleisch so billig verkauft werden könne, müsse massenhaft Vieh gehalten und Futtermittel wie Soja etwa aus Südamerika importiert werden. Das heize das Klima an und zerstöre wertvolle Lebensräume. "Mit Billigfleisch wird der Amazonas verramscht", kritisiert sie. So würden etwa 96 Prozent der Soja-Anbaufläche für Tierfutter benötigt - und nur vier Prozent für pflanzliche Lebensmittel.
Im Jahr 2020 wurden im Amazonasgebiet rund 11.088 Quadratkilometer Waldfläche abgeholzt. Seit dem Jahr 1990 wurden somit über 400.000 Quadratkilometer Wald im Amazonasgebiet gerodet. Brasilien war im Jahr 2019 das Land, in dem die meisten Waldbrände wüteten.
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Viel Fleisch = viele umweltschädliche Gase
Wenn viel Fleisch gekauft wird, stehen auch viele Tiere im Stall. Sehr viele. Und das hohe Maß der Massentierhaltung trägt auch laut Umweltbundesamt (UBA) maßgeblich zur Emission klimaschädlicher Gase wie Methan bei, das Wiederkäuer bei der Verdauung freisetzen. Auch Lachgas-Emissionen und Nährstoffüberschüsse als Folge von Güllelagerung und -ausbringung seien schädlich.
Wieso aber ist Fleischersatz oft teurer als Fleisch?
Antje Risius, die an der Universität Göttingen zu nachhaltigen Ernährungsstilen forscht, erklärt die markanten Preisunterschiede dadurch, dass Fleisch ein am Markt etabliertes Produkt, Ersatzprodukte aber noch "Newcomer" seien. "Der Fleischmarkt hat einen unglaublichen Wettbewerbsvorteil, weil da die Strukturen schon etabliert sind. Da kann auf ganz anderem Niveau produziert werden, effizient und strukturell zu sehr günstigen Preisen."
Noch stecken viele der Ersatzprodukte in der Entwicklungsphase. Ein Burger aus Erbsenprotein braucht zum Beispiel viele Verarbeitungsschritte, bis das Produkt genau so lecker ist, wie ein Fleischburger. Und jeder dieser Schritte kostet natürlich.
Gemüse oft teurer als Fleisch
Auch Gemüse ist manchmal teurer als Fleisch - nicht unbedingt ein Argument für Menschen, die preisbewusst einkaufen wollen oder müssen. Da wir in Deutschland stark von Importen abhängig sind, zahlen wir eben für Erdbeeren im Winter einen sehr hohen Preis. Aus Deutschland kommt gerade mal 30 Prozent des gekauften Gemüses und Obstes. Und so schräg es auch klingt: Ein Brokkoli braucht von der Aussaat bis zur Ernte 90 Tage. Ein Grillhähnchen ist schon nach 30 Tagen Mastzeit bei uns auf dem Teller.
Was gesund für uns und die Umwelt ist, sollte auch billiger sein
Der WWF mahnt an, der Preisungleichgewicht zwischen Fleisch- und Fleischersatzprodukten führe dazu, dass viele Menschen aus Kostengründen auf Fleisch zurückgriffen. Nachhaltige Ernährung dürfe aber keine soziale Frage bleiben, fordert Dräger de Teran: "Wir müssen dahin kommen, dass die einfache Wahl die gute, gesunde und nachhaltige Wahl ist. Und davon sind wir noch weit entfernt."
Warum Jugendliche auf Ersatzprodukte umsteigen
Der Beitrag zum Tierwohl ist der häufigste Grund der Generation Z für den Konsum von pflanzlichen Alternativen zu tierischen Produkte, wie Fleisch oder Milch. Rund 47 Prozent der befragten Jugendlichen im Alter von 16 bis 19 Jahren gaben dies im Jahr 2021 als Motivation an. Klimaschutz folgte an zweiter Stelle mit einem Zustimmungsanteil von 38 Prozent. Rund sieben bzw. drei Prozent der Jugendlichen gaben an, nahezu täglich auf pflanzliche Alternativen zu Milch oder Fleisch zurückzugreifen.
Lichtblick: Zahl der Vegetarier und Veganer nimmt zu
Ein wachsendes Angebot von Fleisch- und Milchersatzprodukten in den Supermärkten stößt auf immer mehr Interesse. Viele Supermärkte und Discounter haben immer mehr fleischlose Alternativen im Angebot. Die Zahl der Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, hat laut UBA deutlich zugenommen.
Politik und Wirtschaft müssen handeln
Der WWF sieht ganz klar die Politik und Wirtschaft in der Pflicht. Die Organisation fordert eine an Nachhaltigkeitskriterien orientierte Lenkungssteuer auf tierische Lebensmittel, die Produkte aus ökologischer Landwirtschaft weniger belastet und die Menschen damit anregt, klimafreundliche Lebensmittel zu kaufen. Auch der Handel ist gefragt: So sollten beispielsweise keine Rabatte mehr auf Fleisch- und Wurstwaren ausgegeben werden, außer kurz vor Ablauf des Verbrauchsdatums. Und da schließt sich der Kreislauf wieder zum Hefeöl aus dem Video oben. Denn Lebensmittelverschwendung ist ebenfalls ein Klimakiller.
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