Lebensmittelpreise: „Fleisch darf nicht zum Luxus werden“ – Union und FDP sehen Preiserhöhungen skeptisch - Handelsblatt

Umweltökonomen vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, der Technischen Universität Berlin und der Uni Oxford hatten dafür plädiert, Fleisch teurer zu machen. Ihrer Modellrechnung nach müsste der Fleischpreis für eine ausgeglichene Klima- und Umweltbilanz der Produkte deutlich höher liegen.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace sprach sich dafür aus, den Mehrwertsteuersatz für Fleisch und Milchprodukte von sieben auf 19 Prozent zu erhöhen.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast äußerte Verständnis für die Forderung der Umweltexperten. „Dass die Preise für Fleisch und tierische Erzeugnisse nicht die Wahrheit über ihren Einfluss auf Klima und Artenvielfalt sprechen, vertrete ich schon lange“, sagte die Politikerin dem Handelsblatt. „Im Augenblick aber diskutieren wir schon, wie wir durch einen finanziellen Aufschlag auf tierische Erzeugnisse eine artgerechtere Haltung hinbekommen.“

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Der verbraucherpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Volker Ullrich (CDU), wandte sich derweil gegen Preiserhöhungen. „Fleisch darf nicht zum Luxus werden, den sich Menschen mit einem kleinen Einkommen nicht mehr leisten können“, sagte er dem Handelsblatt.

Inflation, stark steigende Energie- und Gaspreise und vielerorts hohe Mieten seien schon für viele Verbraucherinnen und Verbraucher herausfordernd, mahnte Ullrich. Eine Debatte über eine Verteuerung von Fleischwaren käme daher zur Unzeit.

FDP für europäisches Vorgehen

Die FDP-Verbraucherpolitikerin Judith Skudelny sieht Preiserhöhungen skeptisch. Es wäre wünschenswert, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher bereit wären, für eine bessere Fleischqualität – einhergehend mit mehr Tierwohl und höheren Umweltstandards – deutlich mehr Geld zu bezahlen, sagte die Abgeordnete dem Handelsblatt. In der Vergangenheit habe sich jedoch gezeigt, dass dies nicht in ausreichendem Maße der Fall sei.

Skudelny ist deshalb überzeugt, dass die Einführung deutlich höherer Standards auf nationaler Ebene nicht zu besseren Produktionsmethoden in Deutschland führen würde. Vielmehr käme es wohl zu einer „Verlagerung der Produktion in Länder, deren Standards deutlich unten den unseren liegen“, sagte sie. Gleichwohl müsse die Diskussion über die Fleischpreise vorangetrieben werden. „Wir brauchen jedoch mindestens ein europäisches Vorgehen“, betonte die FDP-Politikerin.

Nach der Modellrechnung der Wissenschaftler müsste ein Kilogramm Rindfleisch in Industrieländern je nach Produktionsablauf durchschnittlich um 35 bis 56 Prozent teurer sein, Lamm- und Schweinefleisch um 19 Prozent und Geflügel um 25 Prozent.

Der Potsdamer Umweltökonom Linus Mattauch kritisiert, dass sich höhere Preise im Namen des Klimaschutzes nur auf einige Bereiche konzentrieren. „Während wir im Strom- und Verkehrssektor die Treibhausgasemissionen besteuern, um zu erreichen, dass sie sinken, bleiben die genannten Umwelteffekte des Fleischkonsums unberücksichtigt“, sagte er. Der Fleischpreis bilde sie nicht ab und sei somit zu niedrig angesetzt.

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Für die Forscher ist es unabdingbar, Fleisch zu verteuern, um das Ausmaß der mit der Viehzucht und dem Fleischkonsum verbundenen externen Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen einzupreisen. Mattauch wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass 13 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen auf die Viehzucht zurückzuführen seien.

Die Viehzucht habe zudem Auswirkungen auf die Nitratbelastung von Böden und Gewässern sowie auf die Biodiversität, erläuterte der Wissenschaftler. Wälder würden abgeholzt, um neue Weideflächen zu schaffen und Futtermittel anzubauen. Auch gebe es einen Zusammenhang zwischen bestimmten Erkrankungen und einem hohen Fleischkonsum.

Der CSU-Verbraucherpolitiker Ullrich räumte zwar ein, dass der Preis für Fleisch nicht vollständig die tatsächlichen Kosten und damit die nachteiligen Effekte für Umwelt und Gesundheit abbilde. Verbraucherinnen und Verbraucher forderten aber heute schon mehr Tierwohl und bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischverarbeitung ein. „Hier ist mit der gestiegenen Sensibilität bereits ein Paradigmenwechsel zu beobachten.“

Mehr: Teurer, grüner, digitaler: So entwickelt sich das Geschäft mit Gütern des täglichen Bedarfs

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