Gesundheit: Luft ist das neue Lebensmittel - DIE WELT

Nach den Sommerferien sollen die Kindergärten und Schulen wieder in den Regelbetrieb gehen. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert seit Juni den Einbau von stationären und mobilen Frischluft-Klimaanlagen in Kindergärten und Schulen mit bis zu 50 Prozent, da für Kinder unter zwölf Jahren bislang kein Impfstoff zugelassen ist.

Saubere Luft ist in der Pandemie zum wichtigsten Thema geworden und ist gut für das Arbeits- wie das Lernklima. Was viele von uns in den Monaten der Pandemie gelernt haben: Luft ist unser wichtigstes Lebensmittel.

Fast 90 Prozent unserer Zeit verbringen wir in geschlossenen Räumen. Dabei atmen wir jeden Tag bis zu 15.000 Liter Luft ein. Der Mensch kann einige Wochen ohne feste Nahrung und wenige Tage ohne ausreichend Wasserzufuhr überleben. Ohne Sauerstoff sind es nur wenige Minuten. Erstaunlich, dass wir über das Thema Luftqualität vor Ausbruch der Pandemie so wenig gesprochen haben.

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Schulen und Kitas

Schlechte Luft kannten wir weitgehend nur aus den Medien und brachten das Thema mit Smog in China und Indien in Verbindung. Dabei beeinflusst die Qualität der Luft, die wir atmen, auch in Europa unmittelbar unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und unsere Arbeitsproduktivität.

Eine zusätzliche Belastung von 35 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft erhöht das Risiko für einen Hirnschlag um 35 und das für eine Lungenkrebserkrankung um zehn Prozent. Studien zufolge sterben jährlich mehrere Millionen Menschen an den Folgen von Luftverschmutzung innerhalb von Gebäuden.

Das Virus Covid-19 hat den Schleier der Unsichtbarkeit gelüftet. Noch nie haben wir so viel über das Thema Luft gesprochen wie in den letzten anderthalb Jahren. Die Bedeutung der Luftqualität ist endlich im öffentlichen Bewusstsein angekommen. So hat auch das Umweltbundesamt zu Beginn der Pandemie auf den Zusammenhang zwischen Luftqualität und Infektionsrisiko hingewiesen. Eine entscheidende Rolle spielt die Luftfeuchtigkeit in Innenräumen. Eine Luftfeuchtigkeit von 40 bis 60 Prozent reduziert die Übertragungswahrscheinlichkeit des Corona-Virus erheblich.

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Kampf gegen Coronavirus

Insbesondere Krankenhäuser und Fleischereibetriebe haben sich als Hotspots der Virenübertragung in der ersten und zweiten Pandemiewelle gezeigt. Viren übertragen sich schneller über die Luft, wenn die Innenräume über keine Lüftungstechnik verfügen. Bislang fehlten Technik und Zertifizierung zur Messung einer gesunden und nachhaltigen Gebäudeumgebung. Mit Hilfe von Daten lässt sich Luftqualität in Innenräumen verbessern.

„Reset“ ist der weltweit erste Gebäudestandard, der sich auf langfristige Leistungs- und Gesundheitsziele konzentriert. Der Standard beruht auf Echtzeitdaten aus Sensoren, die im Lüftungssystem verbaut sind, und verfolgt die Leistung des Gebäudes über die gesamte Nutzungsdauer. Sensordaten messen die Luftqualität in Echtzeit und optimieren so die Luftqualität in den Innenräumen. Die Geräte lassen sich schnell und kostengünstig installieren, in Büros, Schulen, Restaurants, Theatern – überall, wo sich Menschen länger in Innenräumen aufhalten.

So läuft die Versorgung der Schulen mit Luftfiltern

Das neue Schuljahr steht in einigen Bundesländern bereits vor der Klassen-Tür. Doch wie coronakonformer Präsensunterricht genau aussieht, ist noch nicht abschließend geklärt. Zumindest die Anschaffung von Luftfilter für die Klassenzimmer wird nun vom Bund finanziell unterstützt.

Quelle: WELT/ Peter Haentjes

Die nächste Innovation ist ein Index, der die Auswirkungen von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Feinstaub und CO2-Werten auf das Übertragungspotenzial von Viren durch die Luft in Echtzeit verfolgt. Auf der Grundlage von fast 100 Forschungsarbeiten zeigt der Index die Anforderungen für eine Innenraumumgebung auf, welche die geringste Wahrscheinlichkeit aufweist, dass sich die in der Luft befindenden Viren übertragen.

Mit Hilfe des Index lässt sich die Innenraumluftqualität optimieren und so ein sicherer Raum vor Covid-19 schaffen. Neben der Luftqualität in Innenräumen geht es auch um die Luftqualität im Freien, die durch Kraftwerke und andere Faktoren beeinflusst wird.

Die Bundeskanzlerin hat auf der Jahrestagung der Weltgesundheitsorganisation vor der nächsten Pandemie nach Corona gewarnt: „Nach der Pandemie ist vor der Pandemie.“ An ein Ende von Corona glaubt der Chef des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, nicht. Wir werden mit Hygieneregeln und dem Tragen von Masken auch in Zukunft leben müssen.

Präventionsmaßnahmen wie Impfen und Anstandsregeln bleiben daher weiterhin wichtig. Zur Prävention gehört auch saubere Luft. Viren- und Klimaschutz und Mitarbeiterzufriedenheit gehören zusammen, sie beginnen in den eigenen vier Wänden zuhause, in den Büros und in den Schulen.

Quelle: Thomas Sauer

Thomas Sauer ist Geschäftsführer eines Unternehmens, das datengetriebene Lösungen anbietet, u.a. bei der Überwachung der Luftqualität in Gebäuden.

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